Mission Frieden

Inmitten überschäumender geopolitischer Spannungen verdient eine umfassendere Analyse der Ostpolitik Beachtung. Diese Politik, die auf den Prinzipien von Willy Brandt und Egon Bahr basiert, zielte darauf ab, durch eine pragmatische und realistische Herangehensweise Frieden und Stabilität in Europa zu fördern. Trotz der allgemeinen Meinung, dass die Ostpolitik inzwischen überholt und diskreditiert sei, stellt sich die Frage, ob sie in der gegenwärtigen Situation nicht relevanter denn je sein könnte.

Die ursprüngliche Ostpolitik war mehr als nur ein Instrument wirtschaftlicher Verflechtung. Sie basierte auf der Annahme, dass durch Annäherung und den Aufbau zwischenmenschlicher Beziehungen eine friedliche Koexistenz mit autoritären Staaten möglich sei. Im Gegensatz dazu wurde das Konzept „Wandel durch Handel“, das vor allem seit der Ära Schröder als Weiterführung der Ostpolitik verstanden wurde, zu einem Mittel zur Rechtfertigung von Wirtschaftsinteressen. Diese Verzerrung der ursprünglichen Idee führte dazu, dass der Fokus von langfristigen politischen Zielen auf kurzfristige wirtschaftliche Gewinne verschoben wurde.

Die derzeitige Lage in Europa weist Parallelen zur Zeit des Kalten Krieges auf, als die Ostpolitik erstmals formuliert wurde. Der russische Einmarsch in die Ukraine hat die Sicherheitslage in Europa grundlegend verändert und viele Fragen zur zukünftigen Gestaltung der Beziehungen zu Russland aufgeworfen. Vor diesem Hintergrund erscheint eine Rückbesinnung auf die ursprünglichen Prinzipien der Ostpolitik nicht nur als sinnvoll, sondern als notwendig. Es geht darum, die Realität der aktuellen geopolitischen Lage zu akzeptieren, ohne dabei das langfristige Ziel einer friedlichen Koexistenz aus den Augen zu verlieren.

In der vorliegenden PDF, die zum Download bereitgestellt wird, erklärt Hans Kundnani die Notwendigkeit einer Rückkehr zur ursprünglichen Ostpolitik. Er argumentiert, dass diese Analyse angesichts der aktuellen geopolitischen Spannungen von entscheidender Bedeutung ist. Kundnani, Visiting Fellow am Remarque Institute der New York University und Autor mehrerer Werke, darunter "Eurowhiteness: Culture, Empire and Race in the European Project", beleuchtet die historische und gegenwärtige Relevanz der Ostpolitik. Der Artikel wurde im IPG Journal veröffentlicht, einer Plattform für fundierte Analysen zu außen- und sicherheitspolitischen Themen. 

Hans Kundnani - Bildquelle: IPG

Der Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne den Frieden nichts.

Willy Brandt, 3. November 1981

Wie enden Kriege?

Friedensforschung und Strategien zur Konfliktbewältigung: Erkenntnisse aus dem Vortrag von Prof. Dr. Ursula Schröder

Der Erhard-Eppler-Kreis empfiehlt einen Beitrag der Evangelischen Akademie im Rheinland im Rahmen ihrer friedensethischen Tagung, insbesondere mit Blick auf die Beendigung von Kriegen.

Der Vortrag von Prof. Dr. Ursula Schröder, Wissenschaftliche Direktorin des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg, beleuchtet wesentliche Erkenntnisse der Friedensforschung, die darauf abzielen, Kriege wirksam zu beenden und friedliche Zustände langfristig zu sichern. Im Mittelpunkt des Vortrags steht die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Perspektive auf Konflikte, die neben politischen auch soziale, ethnologische und regionale Faktoren berücksichtigt. Das jährliche Friedensgutachten umfasst zentrale Themenfelder wie bewaffnete Konflikte, nachhaltigen Frieden, Rüstungsdynamiken, institutionelle Friedenssicherung und transnationale Sicherheitsrisiken. Es wird von führenden deutschen Friedensforschungseinrichtungen erstellt, die gemeinsam Positionen entwickeln und diese in die politische Debatte in Berlin einbringen.

Eine zentrale Erkenntnis der Friedensforschung ist, dass moderne Konflikte nicht durch einfache “Sieg oder Niederlage”-Rhetorik gelöst werden können, sondern ein differenziertes Verständnis und Handlungsrahmen erfordern. Dies spiegelt sich in der Analyse der Friedenspolitik wider: Konflikte können oft nicht auf dem Schlachtfeld entschieden werden, sondern erfordern Prozesse, die auf politischen, wirtschaftlichen und teils militärischen Unterstützungsmaßnahmen beruhen. Für den Ukraine-Krieg bedeutet dies eine anhaltende und nachhaltige Unterstützung in Form von Sicherheitsgarantien und Hilfe für den Aufbau stabiler staatlicher Strukturen, die es dem Land ermöglichen, seine Souveränität langfristig zu sichern. Die Forschung zeigt, dass zwischenstaatliche Kriege, wenn sie über ein Jahr andauern, oft über Jahrzehnte hinweg ungelöst bleiben und sich in Konflikte niedrigerer Intensität verwandeln, die dennoch erhebliche Schäden anrichten. Eine Lösung erfordert daher ein Umfeld, in dem beide Konfliktparteien davon überzeugt sind, dass ein Verhandlungsergebnis den besten Ausweg darstellt, ein Konzept, das als “mutually hurting stalemate” (Feuerpause) bezeichnet wird. Zusätzlich muss eine Perspektive zur Konfliktlösung sichtbar sein, idealerweise unterstützt durch glaubwürdige Zusicherungen, dass getroffene Vereinbarungen von allen Seiten eingehalten werden.

Diese Glaubwürdigkeit und das kontinuierliche Engagement von internationaler Seite zur Beendigung von Kampfhandlungen sind essenziell, um die Bereitschaft zu Verhandlungen zu fördern. Der internationale Einfluss ist wichtig, um die sogenannte „Reife des Konflikts“ zu schaffen, die als Voraussetzung für Friedensverhandlungen angesehen wird. Vergleichende Studien zeigen, dass etwa 70 % der zwischenstaatlichen Kriege letztlich durch Verhandlungen beendet werden und dass nachhaltige Friedensprozesse oft Jahre in Anspruch nehmen, während Parallelverhandlungen und Kämpfe fortgeführt werden. Eine ideale Friedensverhandlung verläuft schrittweise: von ersten Sondierungen über substanzielle Verhandlungen und schrittweise Umsetzung bis hin zu einem dauerhaften Frieden. Die Realität zeigt jedoch, dass Friedensprozesse selten linear verlaufen und häufig von Rückschlägen und Brüchen begleitet werden.

Um Friedensprozesse zu stabilisieren, wird betont, wie wichtig es ist, Drittparteien einzubinden. Diese Akteure können als Vermittler auftreten, Sicherheitsgarantien geben und helfen, Vertrauen aufzubauen, was essenziell ist, da mangelnde Glaubwürdigkeit und Durchsetzungskraft bisherige Friedensabkommen oft scheitern ließen. Die Erfahrung aus vergleichbaren Konflikten verdeutlicht, dass eine langfristige Transformation der Kriegszustände in Friedensprozesse nur mit kontinuierlichem Engagement und externen Unterstützungen gelingen kann. Der Vortrag von Prof. Dr. Schröder zeigt daher eindrücklich, dass die Komplexität der Konfliktbeendigung umfassende internationale Strategien und Geduld erfordert.

Der Vortrag findet sich auf YouTube (ab der 10. Minute des Videos) unter folgendem Link: https://www.youtube.com/watch?v=RCHakcC6M88

Frieden statt Hass ist das, was unser Planet braucht!

Ernst-Ulrich von Weizsäcker

Der Erhard-Eppler-Kreis 'Frieden 2.0' rief zur Teilnahme an der Friedensdemonstration in Berlin vom 3. Oktober auf

Der Erhard-Eppler-Kreis 'Frieden 2.0' setzt sich für eine konsequente Friedenspolitik ein und rief deshalb zu zahlreicher Teilnahme an der Friedensdemo auf und begrüßte sehr, dass Ralf Stegner dabei das Wort ergriff.

Für die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten müssen dringend auf der Grundlage des Völkerrechts auf diplomatischem Wege Friedenslösungen gesucht und gefunden werden, um das Sterben auf dem Schlachtfeld so schnell wie möglich zu beenden. Der Erhard-Eppler-Kreis 'Frieden 2.0' teilt mit Ralf Stegner auch die Sorge über die Stationierung von US-Langstreckenraketen in Deutschland, zumal sie ohne gleichzeitiges Angebot zu Abrüstungs- und Verifikationsverhandlungen und nur in Deutschland erfolgen sollen. Wie Rolf Mützenich, der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, warnen auch wir eindringlich davor, die Gefahren einer Stationierung von Langstreckensystemen mitten in Europa zu unterschätzen.

Die Stationierung neuer Mittelstreckenraketen in Deutschland birgt erhebliche Risiken für die europäische und globale Sicherheit. Sie bringt uns einen Schritt näher an eine Eskalation des Wettrüstens zwischen den USA, der NATO und Russland und gefährdet die strategische Stabilität. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit präemptiver Reaktionen in Krisensituationen und verstärkt die nuklearen Risiken für Deutschland und Europa. Zudem steht diese Stationierung im Widerspruch zum NATO-Prinzip der Lasten- und Risikoteilung und könnte Forderungen nach einer atomaren Nachrüstung Deutschlands provozieren. Angesichts dieser Gefahren überwiegen die Risiken den operativen Nutzen der Stationierung erheblich.  

Die Frage der Stationierung von US-Raketen in Deutschland ist von solch gravierender Bedeutung, dass sie nicht ohne eine umfassende öffentliche Debatte und eine Entscheidung des Parlaments behandelt werden kann. Es ist unerlässlich, dass die deutsche Bevölkerung vollständig darüber informiert wird, welche Konsequenzen diese Stationierung für ihre Sicherheit und die europäische Stabilität hat. Eine gründliche Bedrohungsanalyse sowie die Bewertung der Risiken für Deutschland und Europa sind essenziell. Dies schließt die Abwägung zwischen offensiven und defensiven Systemen ein, insbesondere im Hinblick auf die Gefahr präventiver Angriffe auf russische Stützpunkte. Darüber hinaus hält der Erhard-Eppler-Kreis es für dringend geboten, diplomatische Bemühungen zu intensivieren, um einen neuen Rüstungswettlauf zu verhindern. Die Bundesregierung sollte aktiv den Dialog mit Washington und Moskau suchen, um eine Stationierungsvereinbarung zu vermeiden. Parallel dazu sollte sie sich für die Verlängerung des New START-Vertrags und für ein neues INF-Abkommen einsetzen, das die Stationierung landgestützter Mittelstreckensysteme verbietet.

 

                              



Weltinnenpolitik

Carl Friedrich von Weizsäcker prägte den Begriff "Weltinnenpolitik" im Jahr 1963. Mit diesem Begriff entwarf er eine originäre Sichtweise auf die Weltpolitik, die sich von traditionellen Konzepten der internationalen Beziehungen abhob.

Die Idee der Weltinnenpolitik konzentriert sich auf die Entwicklung eines "politisch gesicherten Weltfriedens". Für Weizsäcker war dieses Ziel die einzige realistische Option, um die andauernde Bedrohung der atomaren Selbstvernichtung zu verhindern. In diesem Zusammenhang spielte Weizsäcker eine zentrale Rolle bei der Abfassung der Göttinger Erklärung und beteiligte sich aktiv an der internationalen Pugwash-Bewegung, die sich für nukleare Abrüstung einsetzte.

Weizsäckers Konzept der Weltinnenpolitik war nicht nur auf die Verhinderung eines Atomkriegs ausgerichtet, sondern umfasste auch Überlegungen zur Nachhaltigkeit. Diese Dimension wurde insbesondere durch den Brundtland-Bericht hervorgehoben, der die Notwendigkeit einer nachhaltigen Entwicklung betonte. In diesem Sinne kann die Weltinnenpolitik als eine Formulierung einer nachhaltigen internationalen Politik verstanden werden, die stets darauf ausgerichtet sein muss, eine weitere Zukunft der Menschheit aktiv zu ermöglichen.

Im Laufe der Jahre wurde Weizsäckers Konzept der Weltinnenpolitik von verschiedenen Akteuren aufgegriffen und weiterentwickelt. Es hat dazu beigetragen, das Bewusstsein für die globalen Herausforderungen unserer Zeit zu schärfen und die Notwendigkeit einer koordinierten und kooperativen internationalen Politik zu betonen, die über traditionelle Grenzen und Interessen hinausgeht.

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